Praktikanten sind während ihrer Tätigkeit im Betrieb sowie auf den direkten Wegen von und zur Arbeitsstelle gesetzlich unfallversichert. Der Versicherungsschutz gilt unabhängig davon, wie lange das Praktikantenverhältnis besteht und wie hoch das Entgelt ist. Wer im Einzelfall zuständiger Unfallversicherungsträger ist, richtet sich nach dem Status des Praktikanten und der Art des Praktikums.
Allgemeinbildende Schulen
Wie sind Schülerinnen und Schüler bei freiwilligen Praktika versichert?
Bei Betriebspraktika auf freiwilliger Basis ohne Anweisung und Aufsicht der Schule besteht gesetzlicher Versicherungsschutz über den für das Unternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger.
Wie verhält sich der gesetzliche Versicherungsschutz für Schülerinnen und Schüler bei Pflichtpraktika?
Praktika als schulische Veranstaltung zur Erleichterung des Übergangs von den allgemeinbildenden Schulen in das Berufsleben sind über den für die Schule zuständigen Unfallversicherungsträger abgedeckt.
Wie sind Praktikanten nach Abschluss der 12. Jahrgangsstufe des Gymnasiums zur Erlangung der Fachhochschulreife versichert?
Für Schülerinnen und Schüler nach Abschluss der 12. Jahrgangsstufe des Gymnasiums, die ein Praktikum zur Erlangung der Fachhochschulreife durchführen, wird gesetzlicher Unfallversicherungsschutz über den für das Praktikumsunternehmen zuständigen Unfallversicherungsträger gewährt.
Sind Schüler/Schülerinnen während eines Auslandspraktikums unfallversichert?
Praktika sind als schulische Veranstaltung anzusehen, wenn diese rechtlich und organisatorisch von der Schule getragen werden. Hierzu ist es erforderlich, dass die Schule die korrekte Durchführung des Praktikums überwacht und auf die Durchführung ggf. einwirken kann. Die Schule muss das Praktikum insofern also im Wesentlichen selbstverantwortlich ausgestalten können und durch das Lehrpersonal praktische Eingriffs- und Gestaltungsmöglichkeiten auf die Praktikumsverhältnisse haben. Es kommt hier also auf die tatsächliche Gestaltung des Praktikums an.
Auch ein Betriebspraktikum im Ausland kann nach oben genannter Vorschrift unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung stehen. Hierfür ist allerdings notwendig, dass der organisatorische Verantwortungsbereich der Schule gewahrt wird. In diesem Kontext ist für Sie sicherlich auch der Runderlass des MK. v. 01.12.2011 Berufsorientierung an allgemeinbildenden Schulen hilfreich. Folgende Kriterien werden dabei mit unterschiedlicher Gewichtung (sortiert von oben nach unten) zur Bewertung herangezogen:
- Eine Aufsicht über die Art der Durchführung und den Inhalt der fachpraktischen Ausbildun durch die Lehrkräfte der entsendenden Schule ist gewährleistet
- Die Dauer des Praktikums ist vorab zeitlich begrenzt
- Eine kontinuierliche Betreuung der Schüler/innen durch Lehrkräfte der entsendenden Schul oder beauftragtes Lehrpersonal erfolgt vor und während des Praktikums
- Eine Vorgabe bzw. Abstimmung der Ausbildungsinhalte zwischen der Schule und den Praxisstellen erfolgt vor Beginn der praktischen Ausbildungsabschnitte
- Die Verantwortung hinsichtlich der Auswahl bzw. Festlegung der Ausbildungseinrichtungen liegt bei der Schule
- Bestehen spezieller vertraglicher Vereinbarungen zwischen Schule/Bildungsträger und Praktikumsstellen zur Übernahme der praktischen Ausbildungsabschnitte für Schüler
- Bestehen von Kooperationsvereinbarungen von Schulen mit Praktikumseinrichtungen für Praktika bestimmter von der Schule ausgewählter Schüler
- Sofern ein überwiegender Teil dieser Kriterien gewahrt wird, kann im Rahmen einer Einzelfallentscheidung ein Unfallversicherungsschutz für Auslandspraktika gewährt werden.
Ein Unfallversicherungsschutz im Ausland besteht allerdings nicht "rund um die Uhr". Private, eigenwirtschaftliche Tätigkeiten, Freizeitgestaltungen usw. werden nicht vom Unfallversicherungsschutz umfasst. Für eigenwirtschaftliche Tätigkeiten im Ausland wäre der Versicherungsschutz durch eine (Auslands-) Krankenversicherung zu prüfen.
Berufsbildende Schulen
Wie ist der Versicherungsschutz bei Praktika im Rahmen des Besuchs berufsbildender Schulen zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht oder zur Erlangung eines schulrechtlichen Abschlusses zu beurteilen?
Praktika von Berufsfachschülern dieses Schultyps (z. B. Hauswirtschafts-, soziale, medizinische Berufe) sind in der Regel über die Schule versichert. Ein Indiz hierfür ist, dass das Praktikum als Schulveranstaltung in der Ausbildungs- oder Schulordnung oder einem ministeriellen Erlass vorgesehen
ist. Anders verhält es sich, wenn die organisatorische und rechtliche Verantwortung für die Durchführung des Praktikums beim Praktikumsunternehmen liegt. In diesem Fall ist der für den Betrieb zuständige Unfallversicherungsträger zuständig.
Wie ist gesetzlicher Unfallversicherungsschutz für Berufsschüler/-schülerinnen zu gewähren, die Berufsschulen nicht zur Erfüllung der gesetzlichen Schulpflicht besuchen oder die keinen schulrechtlichen Abschluss anstreben?
Liegt die organisatorische und rechtliche Verantwortung für die Durchführung des Praktikums bei der Schule, so ist der Unfallversicherungsträger der Bildungseinrichtung zuständig. Hat das Unternehmen dagegen die Aufsicht und Kontrolle über den Ablauf des Praktikums, besteht Versicherungsschutz
über den für den Betrieb zuständigen Unfallversicherungsträger.
Ist die fachpraktische Ausbildung von Fachoberschülern/-schülerinnen der 11. Jahrgangsstufe über die Schule versichert?
Unternehmens zuständig. Eine Ausnahme besteht, soweit nach den landesrechtlichen Vorschriften die fachpraktische Ausbildung im organisatorischen und inhaltlichen Verantwortungsbereich der Schule liegt. Eine solche Ausnahmevorschrift besteht im Land Niedersachsen nicht.
Hochschulen/Universitäten
Wie sind Praktika von Studenten/Studentinnen abgesichert?
Bei Studenten/Studentinnen besteht kein unmittelbarer Einfluss der Hochschule oder der Fachhochschule auf die Art und Weise der Durchführung sowie auf den Ablauf der Praktika. Die Studierenden gliedern sich während des Praktikums in den Betriebsablauf ein und sind über den für das Unternehmen zuständigen
Unfallversicherungsträger versichert. Unerheblich ist, ob die Praktika in den Studien- oder Prüfungsordnungen zwingend vorgeschrieben sind oder freiwillig geleistet werden.
Medizinstudium - Welche Besonderheiten gibt es?
Medizinstudenten/-studentinne, die im letzten Studienjahr eine zwölfmonatige praktische Ausbildung an einer Universitätsklinik oder in einem Lehrkrankenhaus außerhalb der Universität (klinisch-praktisches Jahr) absolvieren, sind über den für die Universität zuständigen Unfallversicherungsträger versichert. Die klinisch-praktische Ausbildung ist hochschulrechtlich inhaltlich und organisatorisch in das Gesamtstudium der Medizin integriert. Hinsichtlich der übrigen nach der Approbationsordnung für Ärzte vorgeschriebenen Ausbildungsabschnitte (Krankenpflegedienst und Famulatur) wird der Versicherungsschutz über den Ausbildungsbetrieb gewährt.
Geländepraktikum und Exkursion
Studierende sind gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 8 c SGB VII gesetzlich unfallversichert, wenn sie anstelle von Unterrichtsveranstaltungen oder daneben andere Hochschuleinrichtungen wie Universitätsbibliotheken, Seminare und Institute zu Studienzwecken aufsuchen oder sich an von der Hochschule geleiteten Exkursionen beteiligen. Daraus folgt, dass Studierende im Rahmen von privat organisierten Exkursionen und Geländepraktika nicht gesetzlich unfallversichert sind.
Studienbezogenes Praktikum
Studierende stehen grundsätzlich bei Praktika, welche vor/während/nach dem Studium abgeleistet werden, selbst wenn diese in der Studienordnung vorgeschrieben sind, nicht gem. § 2 Abs. 1 Nr. 8c SGB VII als „Studierende" unter gesetzlichen Unfallversicherungsschutz.
Vielmehr genießen sie während der Praktikumszeit Versicherungsschutz als „Beschäftigte" gem. § 2 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII über das Praktikumsunternehmen. Zuständig ist der Unfallversicherungsträger des Praktikumsbetriebes.
Da es bei studienbezogenen Praktika auch eine Vielzahl von Sonderfällen gibt (z.B. bei Medizinstudenten) ist eine Einzelfallprüfung zum Versicherungsschutz zwingend erforderlich.